Michael Scharang

 

Fragestunde

Kritiken

„Kölnische Rundschau“ vom 27. 5. 1971

Fragen über Fragen! Fragen nach Lohnerhöhung, nach dem Namen, nach den Möglichkeiten und Funktionen des modernen Menschen, Fragen nach allem und jedem.

Michael Scharang, freier Schriftsteller in Wien, stellt sie dem Hörer in seiner „Fragestunde“ (Donnerstag, 3. WDR-Programm). Fragt sich der Hörer auch zuerst verwundert nach dem Sinn dieser schier unerschöpflichen Neugierde, so begreift er des Autors Absicht doch sehr bald als Mittel zum Zweck seiner eigenen Reflexion und Bewußtseinserweiterung. Scharang fängt es einfach, aber wirksam an. Er antwortet nicht etwa selbst auf seine teils banalen, teils gesellschaftskritischen Fragen, sondern faßt zusammen: „Das müssen Sie selber wissen!“ Damit weist er den Hörer gleich­zeitig auf seine Verantwortung hin, die das durch Reflexion erworbene neue Wissen ihm auflädt.

Bewußt verzichtet Scharang auf eine künstlerische Dimension und einen drama­turgischen Aufbau, die Fragen stehen schmuck- und kunstlos im Raum. Schwach ist er nur dort, wo er Gedankenketten herstellt. Das wirkt gewollt und paßt nicht in sein spartanisches Konzept. Sehr dezent und sehr wirksam geht der Regisseur Klaus Schöning auf die Stereo-Möglich­keiten ein.

 

 

Erika Kip in „epd/Kirche und Rundfunk“, Nr. 21, 9. 6. 1971

Mit Fragen rückt Michael Scharang dem Problem der Gesellschaftsveränderung zu Leibe, mit nichts als Fragen. Fragen allerdings, die den ganzen Lebensraum des Menschen umfassen. Scharang stellt unerschrocken Banales neben Metaphysisches, er greift einfach all das auf, was einem zur Reflexion begabten Menschen zu denken gibt. Aber auch den gedanklich Faulen, in konventionellen Denk-Schemata Erstarrten erreicht der Autor. Denn sehr direkt und einfach sind die meisten Fragen. Wartet man auch zu Anfang auf ein kunstvolles Hörspiel-Konzept, auf den Knall-Effekt in diesem Frage-Inferno, so gewöhnt man sich bald an die immerwährende Neugierde des Autors. Der Hörer merkt: Es geht auch so, ohne dramaturgischen Aufwand, ohne Handlungs-Träger und –Abläufe. Gespannt wartet er auf die nächsten Fragen, die alle schmuck- du kunstlos im Raum stehen und dadurch um so mehr zum Nachdenken zwingen.