Ansprache eines Entschlossenen an seine Unentschlossenheit
Kritiken
„Frankfurter Rundschau“ vom 23. 9. 1971
Zwar setzt Scharang ähnlich wie Handke an der Sprache selber an, vergisst aber nicht darüber, dass Worte nur so viel Macht haben, wie hinter ihnen in der Realität steht, wie er es in seinem neuen Hörspiel formuliert. Das stereophon konzipierte Hörspiel versucht Verhalten an der Sprache festzumachen, zeigt zugleich, dass die systemerhaltende Funktion von Sprache in der aufbockenden Ansprache des entschlossenen „Arbeitnehmers“ noch durchschlägt: er schimpft aus berechtigtem Zorn gegen die Verhältnisse an, lässt sich ein auf das umgarnende Gespräch mit den Unternehmern, deren Herrschaft auch eine über Sprache ist, was sie hämisch bekennen als Meisterschaft im „Überreden“. Da sie ohnehin die reale Macht haben, lassen sie den Entschlossenen sich verbal Luft machen, solange er noch mit ihnen spricht, behalten sie ich allemal in der Hand. Scharang versucht zu Recht, eine größtmögliche Anonymität aufzubauen, in der Sprache nicht länger idealistisch als individueller Ausdruck gesehen wird, sondern als gesellschaftlich vermittelte Denknorm.
„Süddeutscher Rundfunk“ vom September 1971
Ideologisch superradikal auch der Österreicher Michael Scharang, aber das nimmt man hin, weil er so gut ist. „Ansprache eines Entschlossenen an seine Unentschlossenheit“ eine sprachlich großartig geballte Ladung, politisch gezielt, aber ästhetisch viel zu gelungen, um nicht vor allem hinreißend kulinarisch zu wirken