Die einen stehen im blühenden Alter, die anderen im blühenden Geschäft
Anfang des Hörspiels
(Der Sänger hat in dieser Moritat unter anderem die Funktion des Drehorgelmannes: er singt und erzählt. Da er an vielen Schauplätzen auftaucht, ist es vielleicht nicht glaubwürdig, wenn man ihn mit einer Drehorgel ausstattet, mit einer Gitarre und einer Ziehharmonika.
Der Sänger ist mit seiner Moritat auf Tournee. Da die Moritat auf einer wahren Begebenheit mit wahren Schauplätzen beruht, erhofft er sich am meisten Interesse an seinem Vortrag in der Nähe der wahren Schauplätze. Da er sich des Interesses nicht ganz sicher ist, macht er vorerst einmal Reklame für seine Veranstaltung.
Der Sänger spielt auf seinem Instrument und trällert vor sich hin. Alsbald kommt aber ein Caterpillar angefahren und hält neben dem Sänger. Der Sänger probiert, ob er sich gegen den Lärm des Fahrzeugs durchsetzen kann. Es gelingt ihm natürlich nicht. Er schreit zum Fahrer des Caterpillars:)
Sänger | Bleiben Sie da stehn? |
Fahrer | Ja |
Sänger | Dann stellen S´ den Motor ab. |
Fahrer | Nein. |
Sänger | Für was stehen Sie denn da mit dem Caterpillar mitten auf dem Hauptplatz? |
Fahrer | Das geht dich nichts an. |
Sänger | Was soll das für einen Sinn haben, wenn Sie den Motor rennen lassen? |
Fahrer | Das geht dich einen Dreck an, hab ich gesagt. |
Sänger | Das geht mich schon was an. Ich bin ein Vortragskünstler, verstehen Sie. Und ich hab ein Vortragsstück einstudiert: Die tragische Geschichte des Wurglawez Franz. Und ich werde das morgen um fünf hier auf dem Hauptplatz vortragen. Da muß ich zuerst natürlich eine Propaganda machen für den Abend. Und wenn Sie da Ihren Motor rennen lassen, hört mich ja kein Mensch. |
Fahrer | Sie haben da nichts verloren. Verschwinden Sie. |
Sänger | (verliert die Geduld angesichts des Amtstons, den der Fahrer auf einmal annimmt) Ja, wer bist denn du, dass du glaubst, dass du so mit mir reden kannst?! Ich wird dich anzeigen wegen Lärmbelästigung! |
Sänger | (singt) Die einen stehen Im blüh-ühenden Alter, die anderen stehen im blüh-ühenden Geschäft. Die einen sähen sich gern Als ihres Le-ebens Gestalter, die anderen schreiben nur Gewinne in ihr Heft. Bei solchem Gegensatz In unserer Gesellschaft, verwelkt das Leben und die Mörder leben auf. Ein Blühen gibt es nur Für die Besitzer unserer Wirtschaft Und von den Nichtbesitzern gehen manche drauf – Jedenfalls in unserer Moritat. |